Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten?
Sieht sich ein testamentarischer Erbe Pflichtteilsansprüchen ausgesetzt, stellt sich die Frage, welche Zahlungsverpflichtungen als Nachlassverbindlichkeiten bei der Berechnung des Pflichtteils in Abzug gebracht werden können. Einigkeit besteht darin, dass die Kosten der Bestattung selbst abzugsfähig sind, nicht jedoch die Kosten für eine Grabpflege, die über einen Zeitraum von 20 oder 30 Jahren die eigentlichen Beerdigungskosten um ein Vielfaches übersteigen können. Umstritten war allerdings bisher, ob ein Abzug der Grabpflegekosten möglich ist, falls der Erblasser selbst die Erben in seinem Testament zur Grabpflege verpflichtet hatte.
Der Bundesgerichtshof hat nun mit Urteil vom 26. Mai 2021, IV ZR 174/20, festgestellt, dass die Kosten der Grabpflege auch dann dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber nicht in Abzug gebracht werden können, wenn der Erblasser seine Erben durch Testament zur Grabpflege verpflichtet hat. Eine solche Verpflichtung stelle allein eine Auflage an die Erben dar, die sich rechnerisch nicht auf den Pflichtteil auswirke. Auch der Umstand, dass sich eine Pflegeverpflichtung aus der Friedhofssatzung oder ähnlichen Vorschriften ergibt, kann nicht zu einem Abzug der Kosten bei Berechnung des Pflichtteils führen. Letztlich bleiben die Kosten der Grabpflege damit in voller Höhe bei dem testamentarischen Erben, während der Pflichtteilsberechtigte nicht beteiligt wird.
Eine Berücksichtigung der Grabpflegekosten bei der Berechnung des Pflichtteils ist nur möglich, wenn der Erblasser selbst bereits zu seinen Lebzeiten einen Grabpflegevertrag abgeschlossen und die Grabpflege in seiner letztwilligen Verfügung erwähnt hat. In diesem Fall wären die Kosten vom Erblasser selbst verursacht worden, die Erben hätten die bereits bestehende Zahlungsverpflichtung ohne eigenes Zutun nur übernommen.
Hauke Wöbken
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