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Das Notvertretungsrecht des Ehegatten

Seit einiger Zeit sieht das Gesetz ein sogenanntes Notvertretungsrecht für den Ehegatten vor. Dieses Recht ist jedoch sehr eingeschränkt.

Eine Vertretungsberechtigung des Ehegatten besteht nicht, wenn

  1. die Ehegatten getrennt leben,
  2. dem vertretenden Ehegatten oder dem Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte eine Vertretung durch seinen Ehegatten ablehnt oder jemanden zu seiner Vertretung in diesen Angelegenheiten bevollmächtigt hat oder
  3. für den vertretenen Ehegatten bereits ein Betreuer bestellt ist, dessen Aufgabenkreis die genannten Angelegenheiten umfasst.

Die Grundvoraussetzung für das gesetzliche Vertretungsrecht des § 1358 BGB ist, dass ein Ehegatte die Angelegenheiten seiner Gesundheitssorge aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit rechtlich nicht mehr selbst besorgen kann. Gemäß § 1358 Abs. 4 BGB muss der Arzt, gegenüber dem das Notvertretungsrecht (erstmals) ausgeübt wird,

  1. das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen und den Zeitpunkt, zu dem diese spätestens eingetreten sind, schriftlich bestätigen,
  2. dem vertretenden Ehegatten neben dieser Bestätigung nach Nummer 1 mit einer schriftlichen Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 und das Nichtvorliegen der oben genannten Ausschlussgründe des Absatzes 3 vorlegen und
  3. sich von dem vertretenden Ehegatten schriftlich versichern lassen, dass
    a) das Vertretungsrecht wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigung, aufgrund derer der Ehegatte jetzt seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann, bisher nicht ausgeübt wurde und
    b) kein Ausschlussgrund des Absatzes 3 vorliegt.

Der Arzt muss dem vertretenden Ehegatten ein Dokument mit der Bestätigung gemäß Ziffer 1 und ein Dokument zur Versicherung gemäß Ziffer 3 für die Ausübung des Vertretungsrechts (bei außenstehenden Dritten) aushändigen.

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, begründet § 1358 BGB ein sogenanntes Notvertretungsrecht für „medizinische Einwilligungen und Verträge“. Dieses Vertretungsrecht umfasst:

  1. Einwilligungen in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe zu erteilen oder zu untersagen sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen,
  2. Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen,
  3. über freiheitsentziehende Maßnahmen zu entscheiden, sofern die Dauer der Maßnahme im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet, und
  4. Ansprüche, die dem vertretenen Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten zustehen, geltend zu machen und an Leistungserbringer abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.

In solchen Fällen besteht dann keine ärztliche Schweigepflicht (§ 1358 Absatz 2 BGB).

Das Ehegattennotvertretungsrecht erlischt, wenn die gesundheitlichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder wenn mehr als sechs Monate seit der Erstfeststellung der Erkrankung durch den Arzt vergangen sind. Das Vertretungsrecht darf mit der Bestellung eines Betreuers, dessen Aufgabenkreis die genannten Angelegenheiten umfasst, nicht mehr ausgeübt werden.

Es bleibt deshalb weiterhin ratsam, durch Errichtung einer Vorsorgevollmacht eine langfristige und umfassende Vertretung absichern.

Hauke Wöbken

Hauke Wöbken

>  Rechtsanwalt und Notar

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